Was genau befindet sich in diesem Raum? Mit dieser Frage haben wir uns einen Abend lang beschäftigt. Was wir gemeinsam erarbeitet haben, könnt ihr hier lesen!
Ich sehe ein Haus.
Darin sind viele Menschen die Sachen machen.
Alleine. Und zusammen.
Tanzen, kochen, schlafen, reden und Yoga machen zum Beispiel.
Und dann ist da noch ganz viel Raum zwischen den Menschen.
In dem Raum ist alles drin, was zwischen uns passiert, während wir etwas zusammen machen.
Es ist garnicht so leicht zu erklären, was in dem Raum zwischen uns passiert, denn er ist unsichtbar. Wir können ihn nicht sehen, aber wir können ihn fühlen. Wir fühlen vielleicht eine fröhliche Stimmung weil sich alle gut verstehen, oder enge Spannungen wenn zwei Menschen sich streiten.
Spannungen entsehen, wenn Menschen starke Gefühle haben, diese aber nicht ausdrücken. Dann entsteht ein Druck in den Menschen und zwischen den Menschen, die sich streiten. Das fühlt sich manchmal ganz eng an, wie „dicke Luft“ eben. Die dicke Luft können sogar andere Menschen spüren, die nur daneben stehen und vielleicht arbeiten wollen. Manche Menschen bekommen von dem Druck Bauchschmerzen oder Kopfschmerzen. Auch der Körper ruft schon: „Bitte drücke dich aus!“
Daher ist es wichtig, dem Raum zwischen uns Aufmerksamkeit zu schenken und miteinander darüber zu reden, was in uns vorgeht. Es kann hilfreich sein, dem Gegenüber mitzuteilen, wie wir uns fühlen und was wir brauchen. Durch den Ausdruck kann sich die Spannung lösen und es wird leichter. In dem einzelnen Menschen und auch zwischen den zwei streitenden Personen. Vielleicht löst sich auch die Spannung im Kopf oder Bauch und man kann erleichtert aufatmen.
Eine gute Kommunikationsmethode um dem Raum zwischen uns regelmäßig oder bei Bedarf Aufmerksamkeit zu schenken ist der Redekreis. Der Redekreis kommt aus der indianischen Kreiskultur. Die Indianer haben sich bei wichtigen Entscheidungen zusammengesetzt und im Kreis jeden angehört. So ähnlich funktioniert auch der Redekreis, den wir am Dienstagabend gemeinsam ausprobiert haben. Zuerst haben alle nacheinander mitgeteilt, wofür sie dankbar sind in der WG. In der zweiten Runde gab es die Möglichkeit ehrlich zu sagen, wie es allen grade mit dem Zusammenleben geht. Hier gab es auch den Raum, Dinge auszusprechen, die im Alltag vielleicht schwer fallen, oder keinen Platz finden. Ich habe mich sehr gefreut, wie ehrlich und wertschätzend sich dabei alle beteiligt haben!
Man kann einen Redekreis überall machen und ihn auch anwenden, wenn man zu zweit Schwierigkeiten hat. Wichtig ist, dass die TeilnehmerInnen im Kreis sitzen und sich ohne zu unterbrechen zuhören. Das ist oft garnicht so einfach. Hier kann es helfen einen Redestab oder einen anderen Gegenstand zur Hilfe zu nehmen.
Am Ende der zweieinhalb Stunden war das Fazit der Mitglieder des inklusiven Wohnprojekts: Nicht alle wollen regelmäßig im Kreis sitzen, aber alle sind offen dafür, mehr Austausch über das Zwischenmenschliche zu führen. Der Abend endete mit einer spürbar kraftvollen und konstruktiven Stimmung zwischen den MitbewohnerInnen. Ich fühle mich als Workshopleitung sehr bereichert durch das offene Einlassen, den regen Austausch und das ehrliche Feedback der Gruppe.
Anhand der Erfahrungen des Abends wurde auch deutlich, wieviel Mut es kostet die eigenen Gefühle ehrlich mitzuteilen. Und auch, welche große Kraft in sich zu spüren ist, wenn man diesen Mut riskiert. Ich bin berührt von der wertschätzenden und liebevollen Art wie Ricarda, Timo, Matthieu, Laura, William, Jörg, Manu und Leonie miteinander leben und wünsche ihnen viel Experimentierfreude im Zusammenleben – Mit dem Raum zwischen uns!
Jessica Jule Wilkens, Sozialpädagogin B.A.
Gerne gebe ich einen Workshop auch in ihrer Wohngemeinschaft, in ihrem Wohnprojekt oder in ihrer Organisation.
Weitere Informationen unter Wunderwelt@Posteo.de